Was wurde nicht alles versucht!

"Motorradfahren auf holpriger, mit Schlaglöchern besäter Strasse" wurde in den 1930er-Jahren als verzweifelte Methode versucht, eine ungewollte Schwangerschaft zu beenden. Auch das Fahren mit dem Karussell oder der Achterbahn galt in Volkskreisen als empfehlenswert. Das Schleppen schwerer Lasten sowie halsbrecherische Sprünge von Heuböden, Stühlen und Treppen wurden je nach ländlicher oder städtischer Wohnsituation angewandt.

Um 1950 erlebt die britische Autorin Doris Lessing die folgende Szene: „Eines Morgens hörte ich vor meiner Tür einen dumpfen Schlag. Mrs. Skeffington hatte sich eine Treppe hinuntergestürzt und war gerade im Begriff, es noch einmal zu tun. „Lassen Sie mich“, murmelte sie und ehe ich sie davon abhalten konnte, ließ sie sich fallen. Auf dem Treppenabsatz richtete sie sich langsam, sehr langsam, keuchend und blaß, wieder auf. „Das müsste genügen“, sagte sie und versuchte zu lächeln, während sie sich schwer atmend die Treppe hinauf zu Rosemary schleppte.“ Einen 18 Kilogramm schweren Stein legte sich im Jahr 1919 das katholische ledige Dienstmädchen Maria R. mehrere Abende lang auf den Bauch.

Motorradfahren, das Schleppen schwerer Lasten etc. hatte den Vorteil, als Abbruchmethode schwer nachweisbar zu sein. Ob sie das Ziel erreichten, hing von körperlichen Gegebenheiten der Schwangeren aber auch vom Zufall ab. In vielen Fällen bestand die Schwangerschaft weiter, aber die Gesundheit der Frau hatte Schaden gelitten.

 

Quellen:

J. Bichlmeier, Über Abtreibungen im Landgerichtsbezirk Nordhausen in den Jahren 1935-1939 und ihre Bekämpfung

Kriminologisches Universitätsinstitut, Graz; Kreisgericht Leoben, Vr 394/15

Doris Lessing, Auf der Suche (1960)

Herrad Schenk, Wieviel Mutter braucht der Mensch? (1996)