Weinraute

lat. Ruta graveolens

Die Weinraute durchzieht die medizinische Literatur seit der Antike. Die ätherischen Öle der Weinraute beinhalten auch Thujon, das für die abtreibende Wirkung der Weinraute verantwortlich ist.

VOLKSTÜMLICH:
Edelraute, Gartenraute, Kreuzraute, Augenkraut · Augenraute Totenkräutel, Pfingstwuttel, Weinkraut)
Der Artname 'graveolens' (lat., stark duftend) weist auf den kräftigen Geruch der Pflanze hin. Der dt. Name 'Raute' ist dem lateinischen 'ruta' entnommen. Die Blätter der Weinraute duften nach Moschus und schrecken damit Fliegen ab. Der Name geht angeblich auf die griechischen Wörter 'rhyesthai' = hemme, rette, helfe und 'rhyein' = fließen zurück. Durch den starken Geruch der Pflanze entstand der lateinische Begriff 'graveolens'. Auch die deutschen Bezeichnungen 'Weinkraut' oder 'Weinraute' beziehen sich auf den weinähnlichen Duft. Weitere Namen sind 'Gartenraute' oder 'Pfingstwuttel'.

AUSSEHEN:
Sie ist eine kräftige Staude mit holziger Wurzel und schiefem, ästigem Wurzelstock. Der Stengel steht starr aufrecht und wird 20 bis 50 cm hoch, seltener bis 90 cm. Der kahle, bleichgrüne Sproß besitzt punktförmig durchscheinende bis warzig vortretende Öldrüsen, die einen herben Duft absondern. Der Geruch lockt fäulnisliebende Fliegen an, Schlägt dagegen Katzen, Marder und Ratten in die Flucht. Die fleischigen, bleich gelblichen oder bläulich-grünen Laubblätter sind unpaarig gefiedert. Der Blütenstand ist trugdoldig mit vier- bis fünfzähligen Blüten. Die Blütezeit der Weinraute dauert von Juni bis August.

VORKOMMEN:
Die Weinraute wächst bevorzugt in wärmeren Gebieten und auf kalkhaltigem Boden.
Verbreitung: Wermutkraut findet man in den trockenen Gegenden von Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien.

ABBRUCH:
Viele Pflanzen wurden anfänglich als Aphrodisiaka genutzt bis man auf die 'Nebenwirkung' als Abortivum aufmerksam wurde. Die ätherischen Öle der Weinraute beinhalten auch Thujon, das für die abtreibende Wirkung der Weinraute verantwortlich ist.

GESCHICHTE:
Die Ruta graveolens durchzieht die medizinische Literatur seit der Antike.
Schon Cicero und Ovid, Paracelsus, Plutarch und Galenus berichteten über die 'Ruta'. Nach Plinius soll Mithridates von Pontos die Heilkräfte der Pflanze erkannt und bekannt gemacht haben. Das nach ihm benannte Gegengift 'Mithridat' enthielt 54 Bestandteile, darunter auch Raute.
Dioskurides beschrieb die Weinraute im 1. Jahrhundert n. Chr. in dem Kräuterbuch 'Materia medica'. Mönche brachten die Pflanze einst vom Mittelmeerraum in den Norden Europas, wo man ihre Heilkräfte besonders bei Augenkrankheiten schätzte. Daher stammt auch der volkstümliche Name Augenkraut, unter dem die Raute in einigen Gebieten immer noch bekannt ist.

Im Mittelalter wurde das Kraut gegen die Pest eingesetzt, da es mit seinem Geruch die Ratten als Krankheitsüberträger vertrieb. Volkstümlich wurde das Weinkraut als Aphrodisiakum und Abortivum gebraucht, sodass es in der bildenden Kunst wegen der umstrittenen Verwendung eher selten dargestellt wurde. Während in Europa nur noch wenige die Weinraute als altes Heilkraut kennen, ist sie in Mittel- und Südamerika als vielseitige Arznei mit magischen Kräften äußerst populär.

INHALTSSTOFFE:
Ätherische Öle mit dem Giftstoff Thujon, Bitterstoff, Absinthin, Harz, Gerbstoffe, Säuren, Nitrate.

WIRKUNG:
blutbildend, blutreinigend, kreislaufstärkend, menstruationsfördernd, wehenfördernd, nervenstimulierend, entzündungshemmend

ANWENDUNGEN:
Quetschungen, Prellungen, Verrenkungen, körperlicher Überanstrengung, Krampfaderleiden und Rheumatismus angewandt. Weitere Indikationen sind schmerzende oder ausbleibende Menstruation, Asthenopie und Ohrenschmerzen. Appetitlosigkeit, Schwindel, Herzklopfen, Blutandrang im Kopf, Menstruationsbeschwerden, Nervenleiden, Atemnot, Magenschmerzen, Verstauchungen, Schwellungen, Harndrang, Wassersucht, Gicht und Hautausschlag.

LITERATUR:
Vom Nimbaum bis zur Pille - Zur kulturgeschichtlichen Vielfalt der Verhütungsmethoden von Helga Dietrich und Birgitt Hellmann, 2006, Seite 35
Hexenmedizin von Claudia Müller Ebeling, Christian Rätsch, Wolf-Dieter Storl, 1998, Seite 151

 

 

Anmerkung:

In einigen Regionen Frankreichs trägt sie deshalb auch den Namen 'herbe à la belle fille' (Kraut des schönen Mädchens). Angeblich mussten im Botanischen Garten von Paris vor Jahrzehnten die Rautenpflanzen mit einem Gitter umgeben werden, weil junge Mädchen die Bestände plünderten.

 

Der englische Franziskanermönch Franziskus Bartholomäus erzählte, dass das Fabelwesen Basilisk mit dem todbringenden Blick nur durch ein Wiesel bezwungen werden könne, das zuvor von der Raute gefressen habe.

Im Jahr 1734 glaubte der Olmützer Arzt Lanzer, mit einer Mischung aus Rautenblättern, Walnußkernen, Knoblauch, Essig und Salz eine Prophylaxe gegen die Pest gefunden zu haben.

 

Das berümte Kinderlind 'Die Vogelhochzeit' mit der alten Textversion, gesammelt von Ludwig Uhland:

Ein Vogel wollte Hochzeit haltenin dem grünen Walde. Fide rallala, fide rallala, fide rallalalala.

Der Stieglitz war der Bräutigam, er singt zu Gottes Gloriam. Fide rallala, fide rallala, fide rallalalala.

Die Amsel war die Braute, trug einen Kranz von Raute. Fide rallala, fide rallala, fide rallalalala.