Vergebliche Versuche: Teil 1

Mangels exaktem Wissen war das Thema ‚Verhütung’ schon seit jeher mit Aberglauben und wunderlichen Ratschlägen verbunden. Die hier beschriebenen Methoden sind wirkungslos oder sogar schädlich. Sie sind daher nicht zur Nachahmung empfohlen, sondern sollen informieren und unterhalten.


Aberglaube

So genannte ‚weise Frauen’ halfen in der Antike und im Mittelalter mit Kräutertinkturen, Salben und Tränken. Während manche ihrer Mittel möglicherweise eine gewisse Wirksamkeit hatten, waren viele unwirksam oder gefährlich. Eines dieser Rezepte zur Empfängnisverhütung empfahl z.B., den Huf einer Mauleselin zu verbrennen und die Asche mit Wein gemischt zu trinken.
Einige Bräuche des Aberglaubens hielten sich bis ins 19. Jahrhundert: So brachten Frauen beispielsweise Gurken aus Wachs als Votivgaben in die Kirche, um damit die Gottesmutter um eine Verringerung des Kindersegens anzuflehen.

Nach: Robert Jütte ‚Lust ohne Last’


Verhaltensmethoden

Beim ‚Coitus intermenstruus’ meint man, an bestimmten Tagen vor und nach der Menstruation ohne Folgen den Geschlechtsverkehr ausüben zu können. Dieser Glaube wurde vom Pastoralmediziner Karl Capellmann propagiert, konnte aber von Ärzten nicht bestätigt werden: Trotz Enthaltung an den von Capellmann angegebenen fruchtbaren Tagen fanden Befruchtungen statt. (Damals war die Entdeckung des richtigen Zeitpunktes der fruchtbaren Tage – in der Mitte zwischen zwei Menstruationen - durch Knaus und Ogino noch nicht erfolgt.)

Ein anderer Irrglaube besagt, dass eine Frau nicht schwanger werden kann, solange sie stillt. Das ist nur dann richtig, wenn das Baby regelmäßig alle 4 Stunden angelegt wird, auch nachts. Andernfalls wird durch die Milchbildung zuwenig Hormon erzeugt, das einen Eisprung verhindert. Ebenso wirkungslos ist es, ohne Schwangerschaft an den Brüsten zu saugen, um so eine Milchbildung anregen und damit den Eisprung verhindern zu wollen.

Der ‚Coitus interruptus’ ist eine der bekanntesten Verhütungsmethoden. Dabei wird das erigierte Glied unmittelbar vor dem Samenerguss aus der Scheide zurückgezogen. Da jedoch schon vor dem Samenerguss Tröpfchen ausgeschieden werden, die befruchtungsfähige Spermien enthalten können, ist eine Befruchtung auch beim Coitus interruptus nicht ausgeschlossen.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde ein kleiner ‚Stift’ zum Verschluss der männlichen Harnröhre entwickelt, der den Samenerguss in einem kleinen Ballon auffangen soll. Auch diese Entwicklung hat sich nicht bewährt.

Bei der ‚Cohabitatio lateralis’ legt sich der Mann auf seine rechte Körperseite, die Frau auf ihre linke. Der Verkehr wird nun ohne weitere Verhütungsmittel vollzogen. Die angeblich empfängnisverhindernde Wirkung soll dadurch zustande kommen, dass der Penis in dieser Stellung nicht bis zum Muttermund gelangt und das Sperma folglich nicht in den Muttermund ‚geschleudert’ werden kann.

Gelegentlich wird von einer Methode berichtet, bei der die Frau kurz vor dem Samenerguss den unteren Teil des Penis’ fest mit der Hand zusammenpresst, wodurch der Samenerguss in die Blase gedrängt und später mit dem Harn ausgeschieden wird.

Ebenso unwirksam als Verhütungsmittel sind Kniebeugen, Hüpfen, Steigen, Gehen oder Urinieren nach dem Verkehr.

Nach: Magnus Hirschfeld ‚Empfängnisverhütung – Mittel und Methoden’, 1928