Erfolgsgeschichte: Vom Kindsmord zur Verhütung
„Aufgrund des sehr großen (medizinischen) Risikos einer Abtreibung war es bis vor etwa 100 Jahren für die Frauen oft sicherer, das geborene Kind umzubringen als einen Abbruch durchzuführen.“ Dieser Ausspruch des amerikanischen Anthropologen Marvin Harris fußt auf unzählbar vielen Todesfällen nach verbotenen Abbrüchen sowie zahllosen Gerichtsverfahren gegen Kindsmörderinnen.
Das Alter der Schwangerschaft zum Zeitpunkt eines Abbruches konnte im Lauf der jüngeren Geschichte immer weiter gesenkt werden: Bis in die 1970er Jahre wurden (illegale) Abbrüche meist noch sehr spät, nämlich erst im 4.-5. Monat durchgeführt. Dabei wurde der Fruchtsack angestochen (z.B. mit einer Stricknadel) oder eine Flüssigkeit (z.B. Seifenlauge) in die Gebärmutter gespritzt. Daraufhin starb der Fötus ab und wurde in den nachfolgenden Tagen ausgestoßen. Der Eingriff wurde häufig unsachgemäß, mit unsterilen Gegenständen oder giftigen Flüssigkeiten und spät in der Schwangerschaft durchgeführt. Es kam häufig zu Entzündungen und auch Todesfällen; der Abbruch war mit einem großen Risiko für die Gesundheit und auch das Leben der Frau verbunden...
Der chirurgische Abbruch, ab den 1970er-Jahren mit einem löffelartigen Instrument, der so genannten Cürette, heute mit einem dünnen Saugröhrchen, kann hingegen viel früher in der Schwangerschaft durchgeführt werden (7. - 8. Woche). Er ist wesentlich sicherer als alle illegalen Formen des Abbruches, weil er basierend auf medizinischem Wissen und unter guten Arbeits- und Hygienestandards erfolgt. Ferner kommen Frauen viel früher in der Schwangerschaft zum Abbruch, wenn der Zugang legal und ungehindert ist.
Seit der Einführung des medikamentösen Abbruchs mit Mifegyne® in den 1990er-Jahren wird dieser noch früher durchgeführt. Da viele Frauen die Entscheidung zum Abbruch bereits sehr früh treffen, wird dieser nunmehr meistens zwischen der 5. und 7. Woche der Schwangerschaft durchgeführt, sofern die Frauen einen ungehinderten Zugang zur medikamentösen Methode haben.
Dank moderner Methoden ist auch die Verhütungssicherheit heute so groß, daß fast jede ungewollte Schwangerschaft verhindert werden könnte. Voraussetzungen dafür sind die nachhaltige und zielgruppengerechte Information sowie ein medizinisch, rechtlich und finanziell einfacher Zugang zu allen Verhütungsmitteln (inklusive der Notfallsverhütung - ˙Pille danach˙).
Erstmalig in der Menschheitsgeschichte haben die Menschen damit die Möglichkeit, die Anzahl ihrer Kinder wirksam zu begrenzen, ohne die eigene Gesundheit oder das eigene Leben zu gefährden.