Erfolgsautor Michael Crichton kämpfte für das Recht der Frauen auf Abtreibung
"Unsere Gesetze sind ... heuchlerisch, unklar und absurd streng“
"Ich dachte an die verpfuschten Abtreibungen, die ich als Assistent gesehen hatte, an die Mädchen, die um drei Uhr morgens eingeliefert worden waren, blutend und schweißüberströmt,“ schrieb der soeben verstorbene US-amerikanische Erfolgsautor Michael Crichton in einem seiner ersten Werke: ‚Die Intrige (‚A Case of Need’), 1968 unter dem Pseudonym ‚Jeffery Hudson’ herausgebracht. Er setzte fort: „Und natürlich fiel mir auch ein, was ich selbst durchgemacht hatte, als ich noch aufs College ging. Einmal hatten Betty und ich sechs volle Wochen darauf gewartet, dass ihre Periode kam. Ich wusste nur zu gut, wie leicht so was passieren kann..."
Crichton wusste tatsächlich, worüber er schrieb, denn er war ausgebildeter Arzt: Nach seinem Bachelor of Arts am Harvard College im Jahr 1964 schloss er 1969 sein Studium an der Harvard Medical School mit dem Doctor of Medicine ab. Anschließend arbeitete er am Salk Institute for Biological Studies in La Jolla, Kalifornien.
Er wandte sich in seinem Werk gegen die Doppelmoral der amerikanischen Gesellschaft, die den Abbruch nicht erlaubt, aber damit nur die Armen bestraft: "Unsere Gesetze sind ... heuchlerisch, unklar und absurd streng... Die Menschen wissen, dass eine Abtreibung heutzutage keine schwere, gefährliche Operation mehr ist. Sie wissen, es ist eine einfache Sache, und sie fordern ihr persönliches Glück, das sie sich damit verschaffen können. Und wenn sie eine Abtreibung wollen, dann kriegen sie sie auch. Wenn sie reich sind, fliegen sie nach Japan oder Puerto Rico; wenn sie arm sind, gehen sie zu dem Marinesanitäter. Aber kriegen tun sie sie, so oder so."
Crichton war skeptisch, dass sich an dieser Vorgangsweise bald etwas ändern würde: „ ...vergessen Sie bitte nicht, dass die Ärzte noch viel strenger sind als das Gesetz. Die Komitees, die in den Krankenhäusern über Schwangerschaftsunterbrechungen zu entscheiden haben, sind überängstlich. Sie lehnen Abtreibungen sogar in Fällen ab, in denen gesetzlich überhaupt nichts einzuwenden wäre. Meiner Meinung nach müsste sich erst einmal die vorherrschende Einstellung der Ärzte ändern, bevor man die Abtreibungsgesetze ändern kann."
Zuerst liberalisiert, dann aber immer mehr eingeschränkt
Tatsächlich kam es aber bald zu einer Liberalisierung der amerikanischen Gesetzeslage. Ein Anstoß dazu war die spektakuläre Entscheidung des inzwischen fast vergessenen Provinzanwaltes George Michaels (1912-1992), der im Jahr 1970 bei der Abstimmung des Staates New York über die Liberalisierung der Abtreibung seine bereits abgegeben Nein-Stimme zurückzog und gegen seinen konservativ-katholischen Wahlbezirk in ‚Ja’ umwandelte, um eine Gesetzesänderung zu erzwingen – für den Preis seiner eigenen Karriere.
Kurz darauf, am 22. Januar 1973, fällte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten die Grundsatzentscheidung im Fall ‚Roe versus Wade’, wonach die meisten damals bestehenden Gesetze von Bundesregierung und Bundesstaaten bezüglich des Schwangerschaftsabbruchs das Recht auf Privatsphäre verletzten. Damit wurde der Schwangerschaftsabbruch automatisch unter das Recht auf Privatsphäre gestellt.
Das im Jahre 1973 erkämpfte Grundsatzurteil wurde in den vergangenen 25 Jahren von den Abtreibungsgegnern per ‚Salamitaktik’ immer mehr eingeengt. Tatsächlich müssen amerikanische Frauen oft lange Fahrten und unglaubliche administrative Hürden auf sich nehmen, um zu einem Abbruch zu kommen. Die Bush-Regierung hat viele Institutionen finanziell verhungern lassen, die Abbrüche unter zeitgemäßen medizinischen Bedingungen durchgeführt hätten. Für viele Ärzte wurde die Arbeit lebensgefährlich, weil so genannte Lebensschützer sie bedrohten, tätlich angriffen und die Kliniken anzündeten.
Der soeben gewählte Präsidentschaftskandidat Barack Obama ist ein Anhänger der ‚Pro Choice’-Bewegung, die den Frauen die Entscheidung über ihr eigenes Leben zubilligt. Im Januar 2008 sagte er über den Abbruch: "Ich glaube, dass die Frauen selbst am besten in der Lage sind, diese schwierige moralische Entscheidung zu fällen. Ich glaube nicht, dass die Regierung alle Faktoren abwägen kann, die in solch einer schwierigen Situation zusammenkommen können."
Zum Abschluss noch einmal Crichton: „Karen Randall wurde heute morgen um vier von ihrer Mutter ins Memorial-Krankenhaus gebracht. Sie blutete stark und war bei ihrer Einlieferung in einem hämorrhagischen Schockzustand. Ich weiß nicht, wie sie sie behandelt haben – jedenfalls ist sie gestorben.“