Carlos Galli Mainini: Danke, lieber Frosch!
Christoph Kolumbus, Konrad Röntgen, Ferdinand von Zeppelin ... die Welt ist reich an großen Erfindern und Entdeckern. Auch die ‚kleine Welt der Fruchtbarkeit’ hat ihre Tüftler und Bastler – bloß sind sie den wenigsten bekannt. Daher starten wir in unseren Highlights eine Serie über Erfinder und ihre Errungenschaften. Diesmal: Carlos Galli Mainini – Danke, lieber Frosch!
Obwohl der Argentinier Carlos Galli Mainini (1914 – 1961, Buenos Aires) weder ein Frauenarzt noch ein Sozialreformer war, half seine Entdeckung auf dem Weg zu einem selbstbestimmten Frauenleben: Er erfand den ersten brauchbaren Schwangerschaftstest.
An der Universität von Buenos Aires studierte er Medizin mit der Spezialisierung auf Endokrinologie, der Lehre von den Hormonen. Zu dieser Zeit erlebte die Hormonforschung einen ersten Hype. Nach einem Jahr in Italien (Poliklinik Rom) erhielt er ein Stipendium für Harvard (USA). Zurück in Argentinien bekam er eine Forschungsstelle am Institut für Biologie und Experimenteller Medizin, das vom Nobelpreisträger Bernardo Alberto Houssay geleitet wurde. Dieser hatte 1947 den Preis für seine Hormonuntersuchungen im Zuckerstoffwechsel erhalten.
Ab 1952 war Galli Mainini Leiter der Inneren Medizin am Krankenhaus von Lanús (Buenos Aires). Er veröffentlichte fleißig in nationalen und internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften. Seine wesentlichste Leistung war die Entwicklung eines biologischen Schwangerschafts-Früherkennungstests. Der so genannte Galli-Mainini-Test verbreitete sich in kurzer Zeit über die ganze Welt, denn er war zuverlässig, billig und relativ schnell.
Dafür wird erwachsenen männlichen Fröschen eine kleine Menge Harn der möglicherweise schwangeren Frau in den Rücken-Lymphsack eingespritzt. Wenn die Frau schwanger ist, enthält ihr Harn das Schwangerschaftshormon, das den Frosch innerhalb von drei Stunden zur Produktion von Spermien veranlasst. Diese werden nach außen abgegeben und sind unter dem Mikroskop gut zu sehen. Der Test ist für den Frosch nicht schmerzhaft; nach zwei Wochen kann das Tier neuerlich eingesetzt werden.
Galli Maininis Leistung war die Erkenntnis, dass sich männliche Frösche und Kröten für diesen Test eignen. Zuvor waren weibliche Ratten, Mäuse, Kaninchen und Frösche verwendet worden, die jedoch viel langsamer reagieren. Außerdem müssen sie getötet und aufgeschnitten werden, um die Reaktion ablesen zu können.
Biologische Schwangerschaftstests nützen die Ähnlichkeit zweier Hormone: das Schwangerschaftshormon hCG ist dem Hypophysenhormon LH sehr ähnlich, mit dem das Gehirn den Eisprung bzw. die Spermienproduktion steuert. Ist eine Frau schwanger, so findet sich im Harn eine große Menge an hCG. Dieses wirkt im Tier wie eine Überstimulation mit dem Sexualhormon LH und führt zu den beschriebenen Reaktionen.
Jeder Forscher hat Vorgänger, auf deren Arbeiten er aufbaut. In Galli Maininis Fall war das vor allem der britische Biologe Lancelot Hogben. Dieser baute die Brücke von den Säugetieren Ratte, Maus, Kaninchen und Mensch zum (weiblichen) Frosch. Es bedurfte Galli Maininis Genieblitzes und seiner Geduld, um die Möglichkeiten des männlichen Frosches zu erkennen und zu einem breit einsetzbaren Testverfahren zu entwickeln.
Seine bahnbrechenden Ergebnisse veröffentlichte er ab 1947 in wissenschaftlichen Vorträgen und Zeitschriften, später dann im Buch ‚ The Diagnosis of Pregnancy with Male Batrachians’ (142 Seiten), mit einem Vorwort des Nobelpreisträgers für Physiologie und Medizin Bernardo Alberto Houssay. Carlos Galli Mainini starb bereits mit 47 Jahren, vermutlich in Buenos Aires.
Heute wird Galli Maininis Schwangerschaftstest nicht mehr als Routinetest verwendet: Die Haltung von Fröschen und Kröten in Labors wäre zu teuer und aufwändig, zusätzlich stehen die meisten unter Naturschutz. Die heute verwendeten Teststreifen funktionieren wesentlich schneller und früher. Ihr größter Nutzen ist jedoch, dass sie die Frauen unabhängig machen: Sie führen den Test selbst zu Hause durch und entscheiden selbst, wer vom Ergebnis erfahren soll.
Wie bei jeder Befreiung gab es auch heftige Gegenströmungen: "Ich gebe zu, dass es recht bequem ist, den Frühurin zwecks Stellung der Schwangerschaftsdiagnose einsenden zu lassen; mir schafft es mehr Befriedigung, durch vergleichende Beobachtung innerhalb kürzester Zeit ziemlich sicher zu den gleichen Resultaten zu gelangen.“ (Hubert Bardenheuer, 1944)
Zum anderen wurde vermutet, dass informierte Frauen Gegenmaßnahmen gegen die frühe Schwangerschaft ergreifen könnten.