Weder ‚für Untenrum’ noch ‚fürs Füße waschen’ – Bidets dienten der Verhütung
Ein Witz geht wie folgt: Kommt ein Amerikaner zu Freunden in Paris auf Besuch und sieht im Badezimmer ein Bidet. Erstaunt fragt er: “Is this to wash the baby in?” Antwortet die französische Freundin: “No, this is to wash the baby out.”
Ähnlich wie dem Amerikaner in diesem Witz ging es jeder von uns als Kind: Wir wollten wissen, wozu man ein Bidet eigentlich verwendet. Doch in unserem Fall war die Antwort nicht so klar und deutlich, sondern lautete verschämt ‚für Untenrum’ oder ‚zum Füße waschen’. Dass das Bidet zumindest fürs Füße waschen gänzlich ungeeignet ist, hätten wir bereits damals erkennen können: Denn wer sich neugierig über das Becken beugte und dabei auf den Wasserknopf drückte, bekam eine Gesichtsdusche ab. Die Düse lag genau im Zentrum des Beckens und schickte einen Springbrunnen nach oben. Heutzutage dient das Bidet bekanntlich tatsächlich der Hygiene ‚Untenrum’ – daher wurde der Wasserzulauf in den Beckenrand verlegt.
Spülungen der Scheide und des Gebärmuttereingangs waren tatsächlich bis in die 1960-Jahre eine häufig angewandte Verhütungsmethode, bei uns und überall anders. Das Bidet im geheizten Badezimmer mit angenehm lauwarmem Wasser war quasi die Luxusversion. Davor behalf frau sich mit kaltem Wasser aus dem Schlauch. Die so genannten Scheidenspüler bestanden aus einem Wassergefäß, das erhöht aufgehängt wurde, und einem Zuführungsrohr oder Schlauch. Mangels Badezimmer und Fließwasser musste die Prozedur im Schlafzimmer durchgeführt werden und Eile tat Not: Während sich also der vom Liebesakt Erschöpfte wohlig grunzend zur Seite drehen und sofort einschlafen durfte, musste frau unmittelbar aus dem Bett springen und mit der Pritschlerei beginnen. Die Idee dahinter war, Spermien aus den weiblichen Geschlechtsorganen herauszuspülen, bevor sie die Gebärmutter und die vielleicht dort wartende Eizelle erreicht haben würden. Sobald sie in der Gebärmutter angekommen waren, nützte die Spülung nichts mehr, denn sie erreichte die Spermien nicht mehr und konnte daher die Befruchtung nicht verhindern. Ob sie davor sehr erfolgreich sein konnte, sei dahin gestellt, aber es gab kaum andere Verhütungsmethoden.
Je nach finanziellen Möglichkeiten besaß frau einen mehr oder weniger eleganten Spülbehelf. Im einfachsten Fall handelte es sich um ein Wassergefäß aus Aluminium oder Glas; die Edelversion bestand aus einem unverdächtig aussehenden Möbelstück, das sich aufklappen und als Liege mit eingebautem Becken nutzen ließ. Auch faltbare Reisesets waren in Gebrauch, gerne mal in Silber. Eine Platz sparende Variante war der so genannten Irrigateur nach Docteur Eguiser, in dem das durchlaufende Wasser genug Druck erhielt, um auch ohne Zuhilfenahme der Schwerkraft schnell zu fließen. Seine Erfindung machte den französischen Arzt wohl zu einem reichen Mann, denn sein Irrigateur war so beliebt, dass man ihn noch heute auf vielen Flohmärkten finden kann – oft als ‚Gewürzmühle’ missverstanden.
Um die Effizienz der Spülungen zu verbessern, wurden dem Wasser oft noch ätzende oder desinfizierende Chemikalien zugesetzt. Dem Baby hat’s nicht geschadet, sehr wohl aber der Frau, deren innere Organe auf die ständige Reizung erbittert reagierten.
Die Methode hielt sich trotzdem lange und gelegentlich sogar bis nach Einführung der Pille. Denn wer diesie vergessen hatte, griff mitunter zu einem drastischen Verfahren: Eine Flasche Cola geschüttelt und dann in die Scheide gesteckt, sollte Spermien wirkungsvoll beseitigen. Wissenschaftliche Studien zeigten die Nutzlosigkeit des Verfahrens. Erfahrungsberichte von Frauen sprachen von schmerzhaften Wochen im Anschluss an diese ‚Notfallsmaßnahme’: Kohlensäure plus Colaextrakt und Zucker bringt die natürliche Besiedelung der Scheide empfindlich aus dem Gleichgewicht; ein klebriges Gefühl, Jucken und Brennen sind die Folge.