Fünf Jahre MUVS: 80 Quadratmeter - Zwanzigtausend Besucher
Das allererste Ausstellungsobjekt war ein Rechenbehelf aus den 1940er-Jahren für die sicheren und unsicheren Tage im weiblichen Zyklus; das allererste Buch ‚Ein Führer durch das Eheleben für denkende Frauen’ von 1911. Seither gibt es fast 2000 Objekte, mehr als 1100 zum Teil sehr seltene Bücher und weit mehr als 2200 Broschüren, Flyer, Plakate und Zeitungsausschnitte.
Gewaltig ist auch der Besucheransturm auf das Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch: Seit der Eröffnung im März 2007 konnten fast 20.000 BesucherInnen gezählt werden, überwiegend bei Gruppenführungen: Schulen, Berufsschulen, Lehrlingsausbildungen, Universitätsexkursionen, Hebammenschulungen, Arbeitsmarktinitiativen, Vereinsausflüge etc.; Durchschnittsalter deutlich unter zwanzig Jahren. Aber auch die regelmäßige Teilnahme an der ‚Langen Nacht der Museen’ bringt viele Interessierte in das kleine Museum am Mariahilfer Gürtel. EinzelbesucherInnen aus dem In- und Ausland wollen in der Ausstellung oft ihre eigenen – schmerzhaften - Erfahrungen relativieren und verarbeiten.
Aber nicht nur das große Besucheraufkommen beweist die Qualität dieses privaten Museums sondern auch die Fülle der Auszeichnungen: Österreichisches Museumsgütesiegel, Mitgliedschaft beim Museumsbund Österreich, Kenneth-Hudson-Award des European Museum Forums (2010), Nominierung für den EMYA 2010, The Best in Heritage (2011) sowie eine Förderung durch die Europäische Gesellschaft für Verhütung und Reproduktive Gesundheit (2011).
Nur einmal auf der ganzen Welt
Das Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch ist weltweit das einzige Museum mit der Konzentration auf dieses Thema. Entsprechend groß ist das Interesse an Informationen, die auch jenen zugänglich sind, die nicht nach Wien reisen können: Über die Homepage (in Deutsch und Englisch) können sich UserInnen auf eine virtuelle Museumstour begeben, eine Führung anhören, eine Fülle von Berichten lesen sowie auf die umfangreiche Datenbank zugreifen. Objekte und Bücher werden im Detail gezeigt und beschrieben, rund 100.000 gescannte Buchseiten in hoher Auflösung stehen zum Download bereit. Häufig wechselnde Highlights und regelmäßige Newsletter beleuchten aktuelle Themen oder wichtige Jahrestage. Brandheiße Ereignisse werden zusätzlich via Facebook kommentiert und kommuniziert. Wie stark die Online-Präsenz angenommen wird, zeigt die Auswertung der Zugriffe: Täglich rufen rund 900 BesucherInnen der MUVS-Homepage Informationen aus den Datenbanken ab.
‚Zuwachs’ erhält die Sammlung aus eigenen Ankäufen aber auch aus Übertragungen fremder Bestände: So kamen 2010 über eine Schenkung der Wiener Medizinischen Universität wertvolle Bücher und gebundenen Zeitschriften in das MUVS. Eine Reihe einschlägig tätiger Wissenschafter übergab ihren Vorlass oder ihre über Jahre aufgebauten Spezialsammlungen an das Museum. Lagerung, Aufarbeitung, Konservierung und Dokumentation aller Sammlungsgegenstände entsprechen akademischen Standards. Eine Aufgabe neben anderen ist die Sammlung, Pflege und Bewahrung österreichischer Kulturschätze: So konnte wertvolles Material über die Wegbereiter der modernen Hormonforschung Otto Otfried Fellner und Ludwig Haberlandt erworben werden; ganz besonderes Augenmerk gilt aber dem wohl berühmtesten österreichischen Gynäkologen, dem Entdecker der sicheren und unsicheren Tage im weiblichen Zyklus, Hermann Hubert Knaus. Zu gleicher Zeit aber unabhängig voneinander klärten Knaus und sein japanischer Kollege Kyusaku Ogino Ende der 1920er-Jahre die Frage, wann innerhalb des Menstruationszyklus eine Befruchtung stattfinden kann und wann nicht.
An wichtigen Themen mangelt es nicht, an der öffentlichen Aufmerksamkeit ebenso wenig, dafür aber an Platz und Geld: Derzeit sind Schausammlung, Archiv und Bibliothek auf achtzig Quadratmetern in der Nähe des Wiener Westbahnhofs untergebracht. Schulklassen müssen häufig geteilt werden, weil der Platz für so viele BesucherInnen nicht ausreicht. Eine Übersiedlung in größere Räume ist dringend erforderlich. Auf eine neue Basis muss auch die Finanzierung gestellt werden: Aufbau und Betrieb wurden bisher von einem privaten Verein getragen; Schulbehörden, die Stadt Wien, der Bund oder andere öffentliche Stellen nutzen das Museum zwar gerne für Unterrichts- und Ausbildungszwecke, fühlen sich aber für eine Finanzierung bisher nicht zuständig. Ähnlich katastrophal verhält es sich bezüglich Spenden: Nach langer Prüfung wurde das MUVS vom Bundesministerium für Kunst, Unterricht und Kultur in die Liste der spendenbegünstigten Einrichtungen aufgenommen; die tatsächliche Umsetzung wurde ihm allerdings vom Finanzministerium verweigert.