„Mama, Oma, wie habt Ihr eigentlich damals … ?“
Es ist schon schwer genug, sich auszumalen, dass die eigenen Eltern oder Großeltern Sex hatten. Aber noch schwerer ist es, sich ihre damaligen Verhütungsmöglichkeiten vorzustellen. Ein Leben ohne Pille & Co ist für uns fast undenkbar, frühere (verbotene) Abtreibungsmethoden übersteigen unsere schlimmsten Phantasien. Wie gut also, dass es dazu die einzigartige Sammlung am MUVS gibt! Seit der Gründung im Jahr 2003 wurden rund 2.560 Objekte und 1.280 Bücher zusammengetragen und bald schon kamen erste Anfragen nach Leihgaben für Ausstellungen, nach Anschauungsmaterial für Präsentationen oder nach „Requisiten“ für Filme. Inzwischen verweisen auch (andere) medizinhistorische Museen und Firmenarchive direkt an uns. Fast immer können wir helfen, seien es Metall-Stricknadeln, denen man ansieht, dass sie einst für ungeplante Zwecke eingesetzt wurden, seien es Packungen der allerersten Pillen, Rechenbehelfe zur Ermittlung der mehr oder minder „sicheren“ Tage oder Kondomtrockner. Mit Stolz können wir sagen: „Was wir nicht haben, hat wahrscheinlich niemand.“
Dabei handelt es sich um Kulturgüter, um kulturelle, medizinische, wissenschaftliche Entwicklungen, die das menschliche (Zusammen-)Leben prägen, die Traditionen und Verhaltensweisen formen, die Schicksale beeinflussen. Zeitpunkt und Anzahl von Geburten können mehr Auswirkungen auf Lebenswege und auf erfüllte oder enttäuschte Lebenspläne haben als viele andere Lebensumstände. Dies zu dokumentieren, zu analysieren und bewusst zu machen ist der selbstgewählte Auftrag unseres kleinen Museums. Damit unterstützen wir gesellschaftliche Entwicklungen, fördern Integration und Emanzipation und tragen dazu bei, dass Entscheidungen bewusst gefällt werden. So sind die Anfragen nach Leihgaben ein ebenso guter Indikator für die Bedeutung unserer Arbeit wie die zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen, die wir bekommen haben.
Nachfolgend einige Ausstellungsbeispiele aus den letzten Jahren:
- „Jugendkultur und gesellschaftlicher Wandel in den 1960er Jahren“, Ausstellung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg (Deutschland)
- „Erfindergeist. Erfindungen aus Arbeit und Alltag“, Ausstellung im Industriemuseum Lauf (Deutschland)
- „Im Bett. Episoden einer Zuflucht“, Ausstellung im Universalmuseum Joanneum (Graz)
- „Erste Republik in der Steiermark“ Ausstellung im Graz Museum
- „Meine Jugend / Deine Jugend – Eine Generation schreibt Geschichte“
- Ausstellung des Museums Niederösterreich
- „The Art of Reproduction“, Interdisziplinäres Festival am IMA Institut für Medienarchäologie, St. Pölten, Niederösterreich
- „grenzen / los. Von Trennlinien und Überwindungen“, Ausstellung im Museum Schloss Bruck (Lienz, Osttirol)
- Geburtskultur. Vom Gebären und geboren werden“, Ausstellung im Frauenmuseum Hittisau (Vorarlberg) sowie anschließend im Frauenmuseum Meran (Südtirol)
- „Schalom Sisters*! Jüdisch-feministische Positionen“, Ausstellung am Jüdischen Museum Augsburg (Deutschland)
- „…Vor Schand und Noth gerettet“?! Findelhaus, Gebäranstalt und die Matriken der Alser Vorstadt“, Ausstellung am Bezirksmuseum Josefstadt (Wien)
- „Maria und der Paragraph“, Ausstellung im Münzenberg Forum Berlin
- „Medizin: Verhütung und Schwangerschaftsabbruch“, Ausstellung im Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus (Wien)
- „Love Me, Kosher. Liebe und Sexualität im Judentum“, Ausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien
- „Schwangerschaftsabbruch früher und heute“, Ausstellung des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung Münster (Deutschland)
- „Archäologie der Moderne an Rhein und Ruhr“, Ausstellung Archäologie – Stiftung Ruhr Museum (Deutschland)
- „Werbung Wirkung Pharma. Von der Sammlung zur künstlerischen Auseinandersetzung“, Ausstellung im Pharmaziemuseum Universität Basel (Schweiz)