Stickbilder: virtuelle Sonderausstellung

Als Kommunikationsmedium für Themen wie Verhütung, Schwangerschaftstests, Schwangerschaftsabbruch und andere Aspekte der weiblichen Selbstbestimmung taugen Handarbeiten eigentlich ganz und gar nicht - im Gegenteil: Keine anderer Kulturtechnik transportiert stärker das klassische Rollenbild vom braven Mädchen, das fleißig an seiner Aussteuer stickt und solcherart seine Eignung als künftige Hausfrau und Mutter beweist. Die Motive werden über Generationen von Großmüttern und Müttern an die Enkelinnen weitergegeben: Blütenranken, Ornamente, Monogramme.

Gerade diese klassisch weibliche Konnotation deckt die amerikanische Künstlerin Katrina Majkut mit ihren Kreuzstich-Arbeiten auf. Statt Blumen und Blättern, Schäfchen und Wölkchen stickt sie Kondome und Pillenpackungen, Spiralen und Schwangerschaftstests. Verstörend. Irritierend. Entlarvend.

Arbeiten aus Katrina Majkut ,In Control’, chashama 266 gallery, New York, June 2015:

Sticken war auch Teil ihrer eigenen Sozialisation: Mit zehn wurde sie von ihrer Mutter in die Familientradition der ukrainischen Volkskunst eingeführt. Erst zwanzig Jahre später reflektierte sie, dass sie damit zwar eine schöne, angenehme und befriedigende Kulturtechnik freudig weiterführte, aber auch ein überkommenes weibliches Rollenverständnis perpetuierte.

Durch ihre politische und soziologische ‚Erweckung‘ erkannte sie mehr und mehr, dass die traditionellen Klischees von Ehe und Frausein unserem modernen Rollenverständnis diametral entgegengesetzt sind. Dafür ein Beispiel: Während amerikanische Handarbeitsfirmen an ihre fleißigen Kundinnen Stickpakete mit nostalgisch-romantischen Motiven verkaufen, räumt der Oberste Gerichtshof der USA derselben Heimwerkerkette ‚Hobby Lobby‘ einen größeren Einfluss auf die Leistungen ihrer Firmenkrankenkasse ein als den versicherten Mitarbeiterinnen selbst. Die beiden Firmengründer Barbara und David Green – Baptisten aus Oklahoma - argumentierten, es verstoße gegen ihre religiösen Gefühle, die Familienplanung ihrer Angestellten zu finanzieren. Betroffen sind unter anderem die ‚Pille danach‘ und Intra-Uterin-Pessare. Die Entscheidung wurde im Juni 2014 von fünf männlichen Richtern gegen drei weibliche sowie einen männlichen gefällt.

Auf diese und viele ähnliche Entwicklungen reagiert Majkut mit ‚den Waffen einer Frau‘, nämlich mit dem widerständigen Sticken. Ihre vergrößerten und gestickten Objekte spiegeln die tradierten und perpetuierten Erwartungen an Frauen zurück an die Gesellschaft. Eine Ausstellung dazu zeigte sie im Juni 2015 in der chashama 266 gallery in New York.