Brigitte Schwaiger: Wie kommt das Salz ins Meer (1977)
Wie Albert plötzlich ein anderes Gesicht bekommen hat über den Zettel mi der Frohbotschaft. Es schrumpft von Minute zu Minute, und der Körper wächst und wächst, die Augenbrauen werden zu Antennen. Albert fährt sich ruckartig und viele, viele Male durch die Haare. Soviel Gebüsch über einem so kleinen Gesicht.
Warum hast du keine Pille genommen? Weil ich mich auf etwas Unmögliches verlassen habe. ist es wirklich unmöglich? Albert spricht von Erpressung. Um ihm zu beweisen, daß ich keine Erpresserin bin, fahre ich gleich mit ihm. In die Ordination. Vorhänge zu. Leg die auf den Tisch. Beiß die Zähne zusammen. Beine auseinander, locker, halte dich ganz locker, rutsch weiter vor, das ist doch keine Affäre.
Ich begreife nichts mehr. Bin ich überempfindlich, weil ich mich gedemütigt fühle? Daß er mit diesem großen Eisenhaken kommt. Wie oft hat er so was schon schnell erledigt? Er entschuldigt sich dafür, daß er es ohne Narkose tun muß. Aber du hast ja zwei Injektionen bekommen. Das bißchen Schmerz ist nur der Krampf. Die Gebärmutter muß sich öffnen, verstehst du? Ich habe eine Gebärmutter. Jetzt, wo sie beraubt wird, fällt mir das erst richtig ein, daß ich eine habe.
Albert schabt geschickt. Er macht das mit denselben Händen, die er noch gestern und vorgestern auf meine Schenkel legte. Da waren sie so gut. Diese Hände. Immer hat er diese Hände bei sich gehabt, von Anfang an. Komm runter, wir sind fertig. ich ziehe Höschen, Strümpfe, Schuhe und Kleid an und kann es noch immer nicht glauben. So schnell also geht das. Wenn ich je ein Kind haben sollte, wird es nie mein erstes sein. Das liegt in einem Eimer. Ein glasiges Klümpchen, ein paar Tropfen Blut auf Zellstoff.