Dr. Georg Fischhof: Erfüllte Liebe. Ehe und Sexualleben unserer Zeit (1962)
Die Geburtenkontrolle unter Anwendung aller bekannten Maßnahmen stellt heute eine unbedingte Notwendigkeit dar, wenn verhütet werden soll, daß Frauen, die kein Kind haben wollen oder aber aus sozialen oder gesellschaftlichen Gründen nicht in der Lage sind, ein Kind in die Welt zu setzen, zur Kindesabtreibung Zuflucht nehmen. In den meisten Staaten bestehen Gesetze, die Kindesabtreibungen schwer bestrafen. Trotz aller Bestrebungen von Frauenrechlern und tapferen Verfechterinnen von Gesetzesänderung bestehn sie bis heute noch. Die wirtschaftliche Notlage einer werdenen Mutter müßte Berücksichtigung finden, und in begründeten Fällen sollte Frauen die Unterbrechung einer Schwangerschaft ermöglicht werden.
Weit vernünftiger als Erleichterungen bei der Berechtigung zur Schwangerschaftsunterbrechung, die sich auch für die Frau in körperlicher Hinsicht schädlich auswirkt, ist wohl die Verhütung eines ungewollten Kindes. Voraussetzung dafür ist, daß die Bevölkerung, vor allem aber die heranreifende Jugend, über die Möglichkeiten der Schwangerschaftsverhütung aufgeklärt wird. Angesichts der gewaltigen Fortschritte des 20. Jahrhunderts erscheint es wirklich grotesk, wenn der nötige Mut zur Aufklärung der Jugend über diese so wichtige Frage nicht aufgebracht wird. Durch neue Strassenverkehrsgesetze versucht man die Zahl der Verkehrstoten und -verletzten herabzusetzen, den Alkoholismus und seine Folgen zu bekämpfen. ... Leider aber gibt es in Europa noch keine Institutionen, die sich mit der Geburtenkontrolle und Schwangerschaftsverhütung beschäftigen.