Münchener Medizinische Wochenschrift (1911/1912)
Herr Kreisarzt Med.-Rat. Dr. Balser: Aerztliches und Rechtliches über die Verminderung der Geburtenzahl und die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft.
Vortr. gibt einen Ueberblick über die zunehmende Verminderung der Geburtenzahl im Kreise Mainz und bespricht deren Ursachen, die einerseits im Ueberhandnehmen der Anwendung antikonzeptioneller Mittel (Okklusivpessare, besonders Uterinpessare, Coitus interruptus etc.) und andererseits im Zunehmen der vorzeitigen Unterbrechung der Gravidität durch den Arzt liegen; daneben spielt natürlich die schwer zu bekämpfende verbrecherische Abtreiberei der "weisen Frauen" und andere Kurpfuscher eine wichtige Rolle. Vortr. macht auf die gesundheischädlichen Wirkungen mancher Prohibitivmassregeln (z.B. der Uterinpessare, des Coitus interruptus) aufmerksam und verurteilt es als nicht standeswürdig, wenn ein Arzt gewohneheitsmässig und in grösserem Umfang antikonzeptionelle Prozeduren anrät oder ausführt. Ebenso oder noch mehr ist jedoch die leider nicht zu verkennende Laxheit in der Indikationsstellung zur Unterbrechung der Schwangerschaft zu tadeln, insbesondere verurteilt B. die sogen. Indicatio socialis scharf unter eingehender Darlegung auch der rechtlichen Verhältnisse bezüglich dieses Aktes.