Ernst Gräfenberg (1881 - 1957)

Der ‚Gräfenberg-Ring’ aus gedrehtem Silberdraht gilt als Vorläufer aller modernen Intrauterinpessare (‚Spiralen’). Der Erfinder stellte sie erstmals im Dezember 1928 vor. Spätere Untersuchungen erklärten die gute Wirkung durch metallische Verunreinigungen des Silbers, vor allem durch bis zu 28% Kupfer, das die Spermien hemmt. Seit Beginn der 1920er Jahre hatte Gräfenberg mit der intrauterinen Einlage von Seidenfäden experimentiert. Der ‚Gräfenberg-Ring’ wurde erst in den 60er Jahren von Spiralen aus Kunststoff abgelöst.

Ernst Gräfenberg, geboren in Adelebsen bei Göttingen, begann an der Kieler Universitätsfrauenklinik. Anfangs arbeitete er über die Einnistung der Eizelle und über die Ausbreitung von Krebs über die Blutbahn (so genannte ‚Gräfenberg-Theorie’). 1910 wechselte er als Chefarzt der gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung ans Krankenhaus in Berlin und eröffnete später eine eigene Klinik in Berlin-Schöneberg.

Als Freiwilliger nahm Gräfenberg am Ersten Weltkrieg teil und erhielt als Sanitätsoffizier das Eiserne Kreuz zweiter und erster Klasse. Nach dem Krieg kehrte er in seine Berliner Praxis zurück. Als einer der wenigen Ärzte führte er dort Schwangerschaftsabbrüche durch. Sowohl berühmte Schauspielerinnen, als auch arme Dienstmädchen und Arbeiterinnen zählten zu seinen Patientinnen. Entsprechend ihren Möglichkeiten berechnete er das Honorar für den Eingriff oder arbeitete kostenlos.

1933 wurde Gräfenberg wegen seiner jüdischen Abstammung seiner Position als Chefarzt enthoben. Trotz vieler Warnungen fühlte er sich in Berlin sicher und konnte bis 1937 seiner ärztlichen Tätigkeit tatsächlich nachgehen. Dann wurde Gräfenberg wegen angeblichen Devisen- und Briefmarkenschmuggels verhaftet. Nach seiner Verurteilung zu drei Jahren Zuchthaus und einer Geldstrafe von 199.000 Reichsmark saß er bis 1940 im Zuchthaus Brandenburg-Görden ein. Durch Verkauf seines Eigentums und durch die Unterstützung ausländischer Freunde, insbesondere der amerikanischen Gründerin der weltweiten Geburtenkontrollbewegung Margaret Sanger, konnte er über Japan und Sibirien endlich in die USA emigrieren.

Zunächst arbeitete Gräfenberg als Pathologe in Chicago, bis er sich in New York als Gynäkologe niederließ. 1944 beschrieb er die erogenen Zonen der Frau, die seither als ‚G-Punkt’ nach ihm benannt sind. Seine Verhütungs-Verordnungen begrenzte er in den USA auf die Anwendung von Zervikalkappen und Diaphragmen, mit denen er sich auch publizistisch befasste. Die Auswirkungen seiner Parkinson’schen Krankheit zwangen ihn 1953 jedoch zur Aufgabe seiner Praxis. Bis zu seinem Tod war er noch im ‚Margaret-Sanger-Research Bureau’ tätig.


Nach:
Kristine von Soden ‚Die Sexualberatungsstellen der Weimarer Republik 1919-1933’
www.aerzteblatt.de
www.wikipedia.org

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