Tenrei Ota (1900-1985)
Eine der populärsten ‚Spiralen’ war der vom japanischen Gynäkologen Tenrei Ota entwickelte ‚Ota-Ring’. Dr. Tenrei Ota, 1900 im japanischen Dorf Migochi geboren, promovierte 1925 an der Universität von Kyushu und spezialisierte sich auf Gynäkologie an der Kyoto Teidai Universität.
Zu dieser Zeit gab es wenig Tradition der Verhütung; stattdessen waren Schwangerschaftsabbrüche häufig und für die Ärzteschaft einträglich. Otas Kollegen lehnten die Beschäftigung mit der Geburtenregelung ab und verurteilten sie als anrüchig. Auf diesem Feld tummelten sich vielmehr Quacksalber bzw. Personen ohne medizinische Fachkenntnisse. Trotz dieses Negativ-Images begann Ota, sich damit zu beschäftigen.
Ab 1927 unternahm Ota eigene Versuche. Als erstes musste er Ärzte und Patientinnen finden, die mit ihm kooperieren würden. Dies gelang ihm mit Hilfe von Familienmitgliedern und Freunden; vor allem die Ehefrauen befreundeter Ärzte unterstützten ihn. Er studierte die Literatur über verschiedene Versuche, sogar über den Einsatz von Röntgen- und Radiumstrahlen, und konzentrierte sich schließlich auf zwei bestehende Konzepte: Auf der einen Seite hatte es Versuche gegeben, die Scheide ‚zu verstopfen’, um das Eindringen von Sperma zu verhindern. Dafür waren beispielsweise Schwämmchen und Pfropfen benutzt worden, aber auch pilzförmige Pessare, deren ‚Schirm’ den Eingang abdecken sollten. Auf der anderen Seite fand er Beobachtungen, wonach Fremdkörper in der Gebärmutter die Einnistung eines befruchteten Eies verhindern könnten. Dazu waren u.a. Knäuel aus Haaren oder Seidenfäden, aber auch Kugeln aus Gold eingesetzt worden. Doch diese Prototypen blieben in der Gebärmutter nicht liegen sondern wurden schnell ausgestoßen.
1933 erfuhr er vom Gräfenberg-Ring, einem erfolgreichen Intrauterinpessar (‚Spirale’) in Ringform, die vom deutschen Gynäkologen Ernst Gräfenberg entwickelt worden war. Das Neuartige am Gräfenberg-Ring war die Form: ein mit Silberdraht umwickelter Ring, der zur Gänze in der Gebärmutter liegt. Ota versuchte, die Vorteile dieses Ringes mit denen der goldenen Kugeln zu verbinden. Er verstärkte den Ring durch drei Aufhängevorrichtungen in Form von ‚Speichen’, die sich in einem Zentrum treffen. Die ursprüngliche goldenen Kugel veränderte er im Laufe der Versuche zu einem zentralen Scheibchen, das einfacher herzustellen war und die Aufgabe der Oberflächenvergrößerung genau so gut erfüllte wie eine Kugel.
Fortschritt durch neue Materialien
Diesen neuen Typus formte er aus Gold oder Silber und nannte ihn anfangs ‚Precea Ring’. Das Wort ‚precea’ ist eine Englisch-Japanische Wortschöpfung für ‚Druck’. Durch Artikel und Vorträge versuchte Ota, Pessare als Form der Schwangerschaftsverhütung bekannt zu machen und die öffentliche Einstellung zu verändern. Durch die politischen Veränderungen und schließlich den Beitritt Japans zum faschistischen Achsenbündnis (mit Deutschland und Italien) im Jahre 1940 wurde seine Situation immer schwieriger, bis Verhütung schließlich verboten wurde. Ota wurde zur politischen Zielscheibe; um weiteren Verhaftungen zu entgehen änderte er seinen Namen (von Takeo zu Tenrei) und tauchte schließlich gänzlich unter.
Nach dem 2. Weltkrieg setzte Ota seine Arbeiten zur Geburtenkontrolle fort. Da Gold und Silber anfangs streng rationiert waren, experimentierte er mit anderen Werkstoffen. Da traf es sich günstig, dass gerade zu diesem Zeitpunkt Nylon und Polyethylen auf den japanischen Markt gebracht wurden. Otas erste Versuche mit diesem Material scheiterten zwar an technischen und technologischen Problemen. Doch war er schließlich der erste, der die Biegsamkeit dieses Materials ausnützte, durch die die Einsetzung in die Gebärmutter sehr erleichtert wird. Zwischen 1927 und 1966 entwickelte er rund 20 Prototypen von ‚Spiralen’ aus Gold und Golddraht, Elfenbein, Seidenfäden, Haaren, Nylon, Vinyl und Polynylon sowie die entsprechenden Hilfsmittel zum Einsetzen und Entfernen.
Obwohl seine Entwicklungen auf große Ablehnung bei Politikern und in der Ärzteschaft stießen – religiöse und medizinische Bedenken wurden vorgebracht – setzten sie sich schließlich durch. Der Ota-Ring wurde bis in die 1980er-Jahre in Japan von vielen Frauen getragen. 1985 starb Ota.