1929: Magdalena J., Hebamme, angeklagt wegen Abtreibung der Leibesfrucht

Am 14. Juli 1929 stirbt Theresia E. im Landeskrankenhaus Villach an einer Sepsis post Abortum (Blutvergiftung nach einem unsachgemäßen Abbruch). Eine Woche vorher wurde sie mit hohem Fieber und Genitalblutungen eingeliefert, nachdem sie bereits drei Wochen lang geblutet hat und zweimal Schüttelfrost erlitt.

Bei der Obduktion wird eine kurz zurückliegende Schwangerschaft festgestellt. Die Verstorbene war mit der Hebamme Magdalena J. in Verbindung gestanden. Ende Mai, Anfang Juni kommt Theresia E. zu ihr und ersucht sie, eine Unterbrechung der Schwangerschaft herbeizuführen. Durch ihre Bitten und Zudringlichkeiten lässt sich Magdalena J. herbei, ihr eine Teemischung aus Mutterblättern, Mutterkraut, Senfblätter, Schwalbenwurzeln und Fenchel zu verabfolgen. Außerdem gibt sie ihr gestoßenen Salpeter mit der Weisung, diesen in einem Nachttopfe anzureiben und sich darauf zu setzen. Einige Tage danach erscheint Theresia abermals bei der Hebamme und ersucht um ein Schutzmittel, das sie vor einer künftigen Konzeption bewahren sollte. Für ein (verbotenes) Silberpessar zahlt sie 30 Schilling. Im Prozess gegen die Hebamme gibt der als Sachverständige befragte Arzt Dr. W. aus Pörtschach an, dass es sich um ein intrauterines Stielpessar handelt, das von Hausiererinnen als Mittel zur Verhütung der Schwangerschaft angepriesen wird, aber eher ein empfängnisförderndes Mittel ist, das jedoch durch seine Lage in der Gebärmutterhöhle mit fast absoluter Sicherheit eine Störung der jungen Schwangerschaft bewirkt und damit zur Fehlgeburt führt.

Da die Teemischung nichts bewirkt, übergibt ihr die Hebamme noch sechs Chinintabletten, von denen sie zwei Stück täglich nehmen soll. Über die Chinintabletten sagt der Gutachter, sie wären als Abtreibungsmittel untauglich, wirken allerdings Wehen erregend.

Der Kindsvater Ernst M. jun. bestreitet die Verleitung, Beihilfe und Anratung des Versuches der Abtreibung an Theresia E. auf das entschiedenste. Das Strafverfahren gegen die Hebamme Magdalena J. wird im September 1929 eingestellt.


Quelle: Kriminologisches Universitätsinstitut Graz; Landesgericht Klagenfurt St 2877/29//[12] Vr 1345/29