Tot – aber heilig
Die soeben erfolgte Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. (1. Mai 2011) bringt den ‚Fall Gianna Beretta Molla’ in Erinnerung: Diese italienische Kinderärztin ist die letzte von ihm heilig gesprochene Person (16. Mai 2004).
Zu Beginn ihrer vierten Schwangerschaft wurde bei ihr Krebs am Gebärmutterhals diagnostiziert. Gegen den Rat ihrer Ärzte verweigerte sie sowohl einen Schwangerschaftsabbruch als auch die Entfernung des Tumors, um das Kind unbedingt auszutragen – auch um den Preis ihres eigenen Lebens. Eine Woche nach der Geburt verstarb sie vierzigjährig und ließ ihren Mann mit dem Neugeborenen sowie drei weiteren kleinen Kindern zurück: Der Älteste war gerade erst sechs Jahre alt, die nächste vier Jahre, die Tochter Laura 2,5. Schon bei diesem dritten Kind war die Schwangerschaft sehr kompliziert gewesen.
Beretta Molla wurde am 4. Oktober 1922 als zehntes von dreizehn Kindern in der Nähe von Mailand geboren. Sie war schon als Kind in der Katholischen Aktion tätig; drei ihrer Geschwister ergriffen einen geistlichen Beruf. 1949 promovierte sie in Medizin und eröffnete eine Arztpraxis. Aufgrund ihres kirchentreuen Lebenswandels und eines angeblichen Wunders wurde sie heiliggesprochen. Religiöse Fanatiker von so genannten Lebensschutz-Organisationen machten ihr Grab zu einem Wallfahrtsort und treffen sich in Gianna-Beretta-Molla-Gebets- und Freundeskreisen.
Der soeben seliggesprochene Papst Johannes Paul II. (mit bürgerlichem Namen Karol Wojtyla) war einer der vehementesten Gegner von Verhütung, Homosexualität, dem Gebrauch von Kondomen sowie von Schwangerschaftsabbrüchen, womit er sogar innerhalb der Kirche auf breite Kritik stieß. Er war auch an der polnischen Bedingung für den EU-Beitritt im Jahr 2003 massiv beteiligt, wonach der Schwangerschaftsabbruch in diesem Land verboten bleibt. Dies verlangte er von den polnischen Machthabern als ‚Gegenleistung’ für seine Unterstützung bei der Überwindung des Kommunismus.