„Eine an einem Drahte befestigte dünne Bürste“
Eine Flaschenbürste als Abtreibungsinstrument wurde in den 1920er-Jahren von der Leipziger Kriminalpolizei beschlagnahmt und fand Eingang in die Fachliteratur. Angesichts der riesigen Anzahl (illegaler) Schwangerschaftsabbrüche fragt man sich, warum scheinbar so wenig Erfindergeist auf die Entwicklung geeigneter Instrumente verwandt wurde. Stattdessen wurden die Frauen mit ungeeigneten ‚Notbehelfen’ gequält: Strick- und Häkelnadeln, Fahrradspeichen, aufgebogenen Kleiderbügel aus Draht und anderen unauffälligen Haushaltsgegenständen. Ganz im Gegensatz dazu gibt es für die Schwangerschaftsverhütung eine unübersehbare Anzahl von – mehr oder minder erfolgreichen – Methoden, Hilfsmitteln, Geräten und Instrumenten.
Die Erklärung liegt in der rechtlichen Situation: Solange der Schwangerschaftsabbruch verboten war und die ‚TäterInnen’ vehement verfolgt wurden, so lange konnten sich keine sachspezifischen Hilfsmittel herausbilden. Ihre Auffindung wäre fatal gewesen. Ein deutlicherer Beweis für die ‚Schuld’ war kaum denkbar.
Das Fehlen geeigneter Instrumente machte den Schwangerschaftsabbruch besonders gefährlich. Untaugliche Mittel, fehlendes Wissen über Anatomie und Hygiene sowie die katastrophalen Arbeitsbedingungen (schlecht beleuchteter Küchentisch, Hinterhof-Abstellräume, kein fließendes Wasser) führten zu einer hohen Rate von gesundheitlichen Folgeschäden oder gar dem Tod der betroffenen Frauen.
Die Darstellung der Bürste stammt aus dem Buch ‚Das Weib als Sexualverbrecherin’ von Dr. Erich Wulffen, Ministerialdirektor und Vorstand der Abteilung für Strafsachen, Gnaden- und Gefängniswesen im Sächsischen Justizministerium, 1931