Geburtenkontrolle ist so viel wert wie eine Gehaltserhöhung

Generationen vor uns haben mit großem persönlichem Einsatz für mehr Frauenrechte gekämpft: Bezahlter Mutterschutz, Scheidungsgesetzgebung (Einvernehmliche Scheidung), Geburtenkontrolle (Pille, Liberalisierung des Abbruches), Zugang zur Universitätsausbildung und Arbeitnehmerinnenschutz waren für sie Wunschträume, deren Erfüllung ganz unvorstellbar erschien. Nun haben wir in den meisten europäischen Ländern all das und WirtschaftswissenschafterInnen wollten wissen, welches davon uns am meisten nützt.

Dafür wurden die Daten von 450 000 Frauen aus zwölf europäischen Ländern analysiert, in denen diese Rechte ganz, eingeschränkt oder gar nicht bestehen. Es zeigte sich, dass der größte Nutzen aus einer verbesserten Geburtenkontrolle kommt. Denn dadurch können Frauen länger in der Ausbildung bleiben und so ihre Karrierechancen, ihr Einkommen und ihre Lebenszufriedenheit verbessern.

Der Nutzen durch eine selbstverantwortliche, wirkungsvolle Geburtenkontrolle entspricht damit der einer deutlichen Gehaltserhöhung oder einer höheren Ausbildung. Im Vergleich dazu ist beispielsweise der verstärkte Mutterschutz weniger wirksam, weil er Arbeitgeber tendenziell davon abhält, Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter einzustellen.

Untersucht wurde der Zeitraum von 1967 bis 2000 in den folgenden Länder: Belgien, Dänemark, Frankreich, (West)Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Holland, Irland, Italien, Luxemburg, Portugal, Spanien. Dabei musste eine Vielzahl von Unterschieden bewertet und verglichen werden, um zu sehen, ob sie für das Ergebnis mehr oder weniger relevant sind. So gibt es etwa im Bereich des Schwangerschaftsabbruches Länder mit der Regelung, wonach er nur zur Lebensrettung der Frau vorgenommen werden darf, in anderen Ländern wenn die körperliche und/oder mentale Gesundheit der Frau in Gefahr ist, und schließlich gibt es Länder, in denen der Abbruch aus wirtschaftlichen Gründen oder auch ohne spezifische Angabe von Gründen möglich ist. Unterschiedlich ist auch die Frage, ob es im jeweiligen Land schon länger eine (zufrieden stellende) gesetzliche Regelung gibt oder ob sie neueren Datums ist. Die Anzahl weiblicher Parlamentsabgeordneter im jeweiligen Land wurde ebenso geprüft wie der Einfluss religiöser Strömungen. Wichtig war auch die Konzentration auf solche Frauen, für die die Abbruchgesetzgebung relevant ist, weil sie im Untersuchungszeitraum im gebärfähigen Alter waren. Frauen außerhalb dieses Alters oder in Ländern ohne legalen Zugang zum Abbruch dienten als Kontrollgruppe.

Pezzinis gründliche Analyse ist zwar schon acht Jahre alt, wird wegen ihrer Gründlichkeit aber immer noch häufig herangezogen. Sie ist aus in mehreren Internetquellen kostenfrei abrufbar.

 

The Effect of Women’s Rights on Women’s Welfare: Evidence from a Natural Experiment. Silvia Pezzini, The Economic Journal, 115, C208-C227, 2005