Erhaltet Euch für Eure Gatten „jugendfrisch, anziehend und arbeitslustig“!
Im Jahre 1929 wurde der ‚Frauenspülapparat Abonor’ vom österreichischen Sozialministerium genehmigt. Angeblich dient er zur „sorgfältigsten Pflege der intimsten Organe“. Tatsächlich wurden Ausfluss etc. mit Spülungen behandelt. Viel wichtiger war aber sein Einsatz als Verhütungsmittel: Unmittelbar nach dem Verkehr angewandt, soll ‚Abonor’ die Spermien ausspülen, bevor sie an einer reifen Eizelle andocken können. Doch Klartext ist nicht erlaubt, daher wird umschrieben.
Aus dem Prospekt des Versandhauses Augusta Bohne, Schlesingerplatz Nr. 1, erfahren wir, wie durch die Vermeidung (weiterer) Schwangerschaften das Glück der Familie gesichert wird:
„Auf der Schönheit der Frau beruht die Anziehung und das Lebensglück des Mannes. Auf ihrem widerstandsfähigem Körper das Gedeihen der Kinder, die Ruhe ihrer Seele und die Harmonie des Haushaltes.“ Daher ist es die Pflicht jeder Frau, „ihren Gatten an sich zu fesseln, sich für ihre Kinder gesund und blühend zu erhalten.“ Der ‚Abonor Spülapparat’ ist demokratisch: Er gibt „jeder Dame, sowie jeder arbeitenden Frau aus dem Volke [Gelegenheit], sich einer durchaus bewährten, vollkommenen Reinigung zu bedienen [...]. Bei Gebrauch dieser einfachen Vorrichtung erhält sich die Frau jugendfrisch, anziehend und arbeitslustig. Vor Allem erfüllt sie das Hochgefühl, ihre edelsten, wichtigsten Körperteile gesund zu erhalten und einem ungeschädigten Alter entgegen zu gehen. Die Freude des Mannes an ihrem blühenden Aussehen stärkt ihre Nerven und bewahrt ihr Selbstgefühl.“
Nach dieser Darstellung der Rolle von Frau und Mutter bekommen wir eine Einführung in die Handhabung des Apparates: „Die gefüllte Druckbirne E wird auf das Ventilstück D aufgesteckt und das Einführungsrohr A mit seinem gekrümmten Ende nach aufwärts langsam in die Scheide eingeführt und zwar soweit, daß der Gummischwamm dicht an die Scheide preßt. Das mit dem Abflussbeutel F versehene Abflussrohr G muß nach abwärts gerichtet sein. Durch gleichmäßigen Druck auf die Druckbirne wird der Inhalt derselben in die Scheide entleert.“
Wem das grässlich und unbequem erscheint, wird beruhigt: „Unter Decken gehüllt, ist der Gebrauch absolut diskret, ästhetisch und vermeidet jegliche Erkältung.“ Und schließlich winkt ja auch die Verheißung: „Die leichte und rasche Handhabung dieses Spülapparates, die jeder vielbeschäftigten Frau möglich ist, erhält ihre Lebenskraft und Frohsinn.“
Das amüsierte Lachen bleibt einem beim Lesen im Hals stecken: Die ‚Pille’ kam erst in den 1960er-Jahren. Bis dahin war Verhütung unsicher und unbequem, oft sogar gefährlich. Die Anzahl unerwünschter Schwangerschaften war entsprechend groß.